Während in deutschen Landen nun langsam allen die Fußbälle um die Ohren fliegen, geht in Riga die Eishockey-WM in die Endphase. In den Spielen des lettischen Teams in der Zwischenrunde gegen Kanada, die USA und Norwegen sollte sich entscheiden, wie hoch die Wellen der Eishockey-Begeisterung der heimischen Fans noch schlagen. Ein Sieg gegen Aufsteiger Norwegen war eigentlich eingeplant, aber um das Viertelfinale - und damit nach langer Zeit mal wieder einen Platz unter den ersten Acht einer WM - zu erreichen, musste entweder gegen die starken Kanadier oder gegen die USA mindestens ein Unentschieden her. Was dann aber im Spiel gegen Kanada folgte, war ein kleiner Knacks für den sonst so guten Ruf der lettischen Eishockey-Fans.
Fans ungewöhnlich ungeduldig
"Bitte, bitte, liebe Fans, benehmt euch ordentlich!" bettelten am Tag nach dem Spiel die lettische Tagespresse. Was war geschehen?
Gegen Kanada zu verlieren, wäre sicher keine Schande gewesen. Die heimischen Fans nahmen es aber wohl dem Schiedsrichter die Vielzahl von gegen das lettische Team verhängten Strafzeiten übel - ein sehr starker kanadischer Start ins Spiel kam dazu, und bald stand es 0:3, dann 0:5. Etwa beim Stand von 0:7 soll begonnen haben, was im lettischen Eishockey noch nie passiert sein soll: unzufriedene Zuschauer begannen damit, Gegenstände aufs Spielfeld zu werfen. Erst Feuerzeuge, dann Geldstücke, und schließlich sollen es sogar Mobiltelefone gewesen sein, die zur ernsthaften Gefahr für die Kufenstars wurden. Zweimal musste mitten im Spielverlauf unterbrochen werden, damit die Eisfläche gereinigt werden konnte.
Lettische Presse schockiert
Wer wird die Ereignisse ausserhalb Lettlands schon so genau wahrgenommen haben? In Lettland selbst jedenfalls redeten alle von den Ereignissen. Auch die Medien aus dem Land des Spielgegners Kanada (die das Spiel am Ende 11:0 gewonnen hatten) werden das eine oder andere geschrieben haben. Am meisten erschütterte es wohl die heimische lettische Presse, denn alle waren bis zu diesen Ereignissen davon überzeugt, dass gerade die Eishockey-Fans aus Lettland bei den vergangenen Weltmeisterschaften und Olympiaden mit fantasievollen Aktionen und sympatischem Auftreten im Ausland immer einen hervorragenden Eindruck gemacht hatten.
Sorgen kamen auf: Was wird erst im Spiel gegen die US-Boys noch zu erwarten sein?
Glücklicherweise steigerten sich die Ereignisse nicht ins Negative - im Gegenteil. Bis zum 2:2 kämpfte die lettische Mannschaft tapfer, musste sich dann aber doch 2:4 geschlagen geben. Lediglich "ohrenbetäubend laut" soll es in der Halle gewesen sein, so bestätigten auch einige US-Spieler.
Eisiges Vergnügen
In Rigas Altstadt - und drumherum - ist relativ viel für potentielle Sportfans getan: Viele Bars und Gaststätten haben sich ganz auf Eishockey eingestellt und zeigen alle Spiele LIVE in ihren Räumen. Am Kongreßhaus sind ausserdem kostenlos zugängliche Zelte aufgebaut, und einige Dutzend Fernsehschirme zeigen die Spiele in allen Details. Wer möchte, kann dort auch gleich sein Mittag- oder Abendessen einnehmen, und Getränke gibt es auch dazu.
Allerdings haben sich die Aussentemperaturen in der 2. WM-Woche merklich abgekühlt: nur um die 12 Grad tagsüber, und bis zu 0 Grad nachts brachten manche leichter bekleideten Fans zum Frösteln. So verkriechen sich die meisten - sofern sie keine Karten für die weiteren Spiele haben - dann doch in gewärmte Räume der Altstadtkneipen.
Der Touristenansturm zur WM ist übrigens weniger stark als erwartet: manche Hotels hatten die Preise während der WM derart erhöht, dass Fangruppen osteuropäischen Mannschaften sogar lieber ein Flugzeug charterten, um abends nach dem Spiel gleich wieder nach Hause zu jetten. Nicht alle werden also ihr Geschäft gemacht haben. Die Mehrheit der in Riga herumflanierenden Hockey-Gäste sind Skandinavier: Norweger, Schweden oder Finnen genießen die für ihre Verhältnisse moderaten Getränkepreise. Dazu kommen noch einige Schweizer, deren Mannschaft in Riga überraschend erfolgreich war.
Zufrieden mit dem Erreichten
Die lettische Mannschaft ist also ausgeschieden, und belegt offiziell Platz 10. Nun wird diskutiert, ob der gerade vor der WM neu engagierte Trainer bleiben darf. Plus und Minus werden öffentlich diskutiert: autoritär soll er sein, alte "Sowjetmethoden" werden ihm vorgeworfen - aber etwas Autorität braucht doch so ein Haufen Eishockey-Cracks auch?
Ein gutes Abwehrsystem soll er eingeführt haben - aber andererseits hatte die lettische Mannschaft immer in den Schlußdritteln nichts mehr zuzulegen. Verbandspräsident Lipmans soll sich aber schon festgelegt haben: es geht mit Trainer Nationaltrainer Vorobjovs auch in die nächsten Länderspiele.
Zunächst aber sind wohl erstmal wieder die sommerlichen Sportarten angesagt ....
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