13. April 2025

Maximal neutral

Für deutsche Verhältnisse liest sich diese Art der Verkehrskontrolle fast unglaublich: mit Hilfe künstlicher Intelligenz werden durch Videoüberwachung nicht nur Autokennzeichen erfasst, sondern auch Daten zur Registrierung des Fahrzeugs, dazu Angaben zum verwendeten Brennstoff - um dann bezogen auf die gemessene Fahrtgeschwindigkeit mit Hilfe einer Berechnungsformel die Menge schädlicher Emissionen, also der Luftverschutzung, aufzuzeigen. 

Schmutzfahrzeuge

Wo passiert das? In Liepāja, der lettischen Hafenstadt. Denn die Stadt hat sich eine Reduzierung der CO²-Emissionen bis 2030 um 80% zum Ziel gesetzt (verglichen mit dem Jahr 2006). Und Liepāja hat sich bereits seit 2012 einem "globalen Bürgermeisterpakt" angeschlossen ("Global Covenant of Mayors for Climate & Energy", lettisch "Pilsētu mēru pakts" genannt). Mit dabei sind allerdings in Lettland noch 23 weitere Städte (in Deutschland 91, in Litauen 17. in Estland 8). Bis spätestens 2050 wollen alle diese Städte klimaneutral sein.

In Deutschland engagiert sich zum Beispiel die Stadt Heidelberg besonders für dieses Netzwerk: der Heidelberger Bürgermeister Würzner firmiert als "regionaler Botschafter" für die Idee. Verantwortlich in Liepāja ist Kārlis Beihmanis, der dann Ende 2024 die Eröffnung von "Klima-Monitoringzonen" in seiner Stadt verkündete. (lsm) In Liepāja seien 27.000 PKWs registriert, heißt es, die für 46% aller CO2-Emissionen in der Stadt stünden. "Der Transportsektor in Lettland macht 30% unserer gesamten Treibhausgasemissionen aus. Der Anteil ist in Europa ähnlich, 96,6% dieser Emissionen stammen aus dem Straßenverkehr", sagt Madara Merle, Managerin für Klimaprogramme bei der lettischen Sektion des "World Wide Fund for Nature" (WWF).

Besser messen

"GaiaHub" nennt sich die Firma, die in Kooperation mit der Stadt Liepāja das Monitoring durchführt. Ein Unternehmen, dominiert, wie es scheint, von "Frauenpower" (mit estnischen Wurzeln). "Messung von Luftverschmutzung in Echtzeit" ist hier angesagt, die mit Hilfe von 5G-Netzen auf zwei Portalen bereitgestellt wird: auf einem "City Dashboard" und dazu auch auf einer öffentliche Plattform, als einfach zugängliche Luftqualitätsinformationen für Bürgerinnen und Bürger. 

Liepāja bezieht sich bei seinen Bemühungen auf die Ankündigung der Europäischen Komission aus dem Jahr 2022, in 100 europäischen Städten schon bis 2030 Klimaneutralität erreichen zu wollen. 377 Städte bewarben sich, aus Lettland wurden zwei aufgenommen: Riga und Liepāja. Ziel: diese 100 Städte (darunter 31 aus Mittel- und Osteuropa) zu Modellstädten für das zu machen, was alle europäischen Städte dann bis 2050 ebenfalls erreichen sollen. 

Alles grün?

Dass nach den Präsidentschaftswahlen in den USA auch in Lettland eine Diskussion eingesetzt hat, ob die Ziele des "Green Deals" in der EU noch wichtig für Lettland seien, sieht Kārlis Beihmanis in Liepāja mit Sorge. Auch einen Plan zur Umsetzung weiterer Maßnahmen von Klimaschutz und Energie habe seine Stadt schon vorbereitet, meint er, und auch 65km an Radwegen stehen in Liepāja bereits zur Verfügung.
Man habe zwar wahrgenommen, dass zum Beispiel in Berlin Umweltzonen eingerichtet worden seien, die PKWs nur mit spezieller grüner Plakette befahren dürfen. Aber Entscheidungen einer Stadt sollten doch besser auf konkreten Daten basieren, meint Beihmanis - daher habe man sich für die "schlauen Videokameras" entschieden. Das Projekt habe 40.000 Euro gekostet - die von der EU übernommen worden sind. (IR)

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