in Lettland eingeführt: Wolfsspuren erkennen mit Handy-App |
Im Grenzland
Mehreren lettischen Presseberichten zufolge spielte sich Ungewöhnliches in der Gemeinde Vilce ab, ganz im Süden Lettlands an der Grenze zu Litauen gelegen. Ein Ort mit nur noch knapp über 1.000 Einwohner/innen, stark von Landflucht betroffen, also eine eher verlassene Gegend. Landschaftlich sind dort einige Flüsse, auch Sandsteinfelsen, feuchte Laubwälder, mäßig feuchte Wiesen anzutreffen. Aber die Idylle wurde schon im vergangenen Jahr häufig durch ungewöhnliche Vorfälle gestört. Viele meldeten: mein Haustier ist verschwunden!
Vielfach geht es um Hunde. Menschen, die in weit abgelegenen Häusern wohnen, oft auch allein, umgeben sich natürlich gern mit Haustieren, und diese müssen dort nicht in Haus oder Wohnung eingesperrt leben. Freien Auslauf haben sie also - und gerade das wurde einigen zum Verhängnis. Es häuften sich die Notrufe bei der lettischen Forstverwaltung, dass Wölfe solche Haustiere angreifen. Solche Schadensfälle müssen in Lettland bei der Forstverwaltung (Valsts meža dienests VMD) gemeldet werden, diese hat inzwischen eine eigene Handy-App entwickelt, um solche Schadensmeldungen zu erleichtern. Ab dem 1.April müssen inzwischen auch alle Jagdberechtigten sämtliche Jagdbeute per Handy-App domumentieren - so verlangt es eine Änderung im lettischen Jagdgesetz (lsm)
Angeleint - ohne Chance
Vilce kam Anfang Januar in die Schlagzeilen der lettischen Presse, da dort gleich mehrere Haushunde Opfer von Wölfen wurden (nra / apollo / tvnet). Betroffen war zum Beispiel Mārīte Zurovska, deren Hund "Kūpers" eines Morgens um das Haus lief und verschwand. Als dann auch zwei alte Katzen nicht mehr auftauchten, habe sie die Tiere gerufen, gesucht, ihre Tochter zu Hilfe gerufen - es hätten sich aber nur noch ein paar wenige Blutspuren finden lassen. Bei der Nachbarin seien innerhalb eines Tages gleich zwei Hunde verschwunden. "Im Gegensatz zu Katzen und Menschen", schreibt Journalistin Laura Dumbere, "steht der Hund auf dem
Lieblings-Fastfood-Speiseplan des Wolfes – Futter, das ohne großen
Aufwand beschafft werden kann und welches das clevere Raubtier aufzuspüren
und zu täuschen weiß." Noch einfacher wird es, wenn die Hunde angeleint sind. (IR)
Bisher waren im Süden Lettlands, in Zemgale, wenig Zwischenfälle mit Wölfen gemeldet worden. "Es gibt dort nicht so viele Schaf- oder Rinderzüchter, eher Getreide- oder Rapsfelder," meint Jānis Ozoliņš, der am Institut für Waldwirtschaft "Silava" arbeitet (IR). Aber im Norden Litauens hätten einige mit der Zucht von Damwild angefangen, fügt er hinzu, auch das habe wohl Wölfe angelockt.
Schutz und Schuss
Wölfe sind in Lettland unter Schutz stehende Tiere, aber auch nicht selten. Jährlich wird eine Höchstmenge von Wölfen festgelegt, die landesweit pro Jahr geschossen werden dürfen - 2023 lag diese bei 300 Tieren. (VMD) Der Enziklopädie "Latvijas Daba" zufolge wird die Wolfspopulation in Lettland auf etwa 500 Tiere geschätzt. Insgesamt schwankt die Zahl der Wölfe aber offenbar in Lettland stark: es sollen auch schon mal Tausend Wölfe gezählt worden sein (daba.lv) Und auch Wanderungen eines Wolfes von 20-40km pro Tag sind nichts Unmögliches. Gemäß den gültigen Bestimmungen der EU dürfen Wölfe in Lettland in begrenzter Zahl geschossen werden, wenn Lettland eine insgesamt stabile Population und die Überwachung der angewandten Jagdtechniken sicherstellt (VMD).
Wissenschaftliche Untersuchungen in Lettland zeigen, dass sich Wölfe in Lettland zu etwa 80% von Rehen, Hirschen oder Wildschweinen ernähren; in den 1990iger Jahren waren es (in manchen Gegenden bis zu 30%) auch Biber. Vereinzelt kommen dann auch Hasen, andere Nagetiere, Vögel, Reptilien oder Insekten dazu. Besonders dort, wo wenig wildlebende Huftiere sind, greifen Wölfe auch Haustiere an - im nördlichen Teil Lettlands allerdings sehr viel seltener als in den südlichen Landesteilen. Und offenbar sind es besonders einzeln lebende Wölfe, die sich auch auf Haustiere spezialisieren können (VMD) Aktuelle Statistiken zeigen, dass unter den getöteten Haustieren meistens Schafe betroffen sind (82,1%), Rinder zu 8,2%, Ziegen 5,9% und Hunde zu 3,8% (unter den verletzten Tieren sind zu 6,8% Hunde).
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