Zwanzig Jahre lang hat die lettische Politik sich mit der Frage beschäftigt, wer wann wo in welcher Sprache spricht. Es war erst nach der Wahl im vergangenen Oktober, aus der die als russisch geltende Partei Harmoniezentrum als zweitstärkste Fraktion hervorging, diskutiert worden, wie mit russischstämmigen Abgeordneten zu verfahren sei, die den Ausschußsitzungen nicht folgen können, obwohl die Entscheidung, wer das Volk vertritt, in einer Demokratie dem Volk überlassen werden sollte. Immerhin wurde richtig konstatiert, daß kein Abgeordneter gezwungen werden könne, im Plenum eine Rede zu halten.
Bereits Anfang der 90er Jahre war Lettland in den westlichen Medien wegen vorgeblicher Diskriminierung der Russen in die Schlagzeilen geraten. Fernsehteams verfolgten Sprachinspektoren auf dem Rigaer Zentralmarkt, die dort bei den Marktfrauen prüften, ob sie auf Lettisch einen Kauf abwickeln können. Im Falle fehlender Sprachkenntnisse wurde ein Bußgeld fällig. Es ist auch zwanzig Jahre später keine Schwierigkeit, an diesem Ort auf des Lettischen nicht mächtige Verkäuferinnen zu stoßen.
Gleichzeitig hat sich ein allen sichtbarer Prozeß schleichend vollzogen, der plötzlich die Sprachfrage in einem ganz anderen Licht erscheinen läßt. Während die lettischen Jugendlichen früher beim Spielen im Hof oft schon im Vorschulalter Russisch lernten, es so später wie eine zweite Muttersprache beherrschten und dies als Lingua Franca der Sowjetunion vielerorts auch erforderlich war, ist Russisch nun kein Pflichtfach mehr an den Schulen, während die russischen Schüler Dank der 2004 heftig diskutierten Novelle des Bildungsgesetzes bis zu 60% des Unterrichts in Lettischer Sprache erhalten.
Die Verhältnisse haben sich also umgekehrt. Früher konnte in Lettland eigentlich jeder Russisch, während sich viele Zuwanderer um das heimische Lettisch nicht scherten. Heute ist dies die Staatssprache, ohne die beruflich mehr als Marktfrau zu sein schwierig ist. So können viele junge Letten kein Russisch, während die Lettischkenntnisse ihrer russischen Altersgenossen zunehmend besser werden.
Das hat Folgen auf dem Arbeitsmarkt. Selten, daß bei einer ausgeschriebenen Stelle nicht Kenntnis des Russischen verlangt wird. Die offizielle Staatssprache mag Lettisch sein, doch im Geschäftsleben ist es selbstverständlich, dem Kunden entgegen zu kommen. Die Abgeordneten der nationalistischen Fraktion „Alles für Lettland!“ / Für Vaterland und Freiheit brachten jetzt einen Gesetzentwurf ein, der lettische Jugendliche ohne Kenntnis der russischen Sprache vor Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt schützen soll. Die Nationalisten argumentieren, daß inzwischen sogar in vielen staatlichen Unternehmen Russisch-Kenntnisse Voraussetzung für jedweden Arbeitsplatz seien. Eine solche Diskriminierung der eigen Nation gebe es in keinem anderen europäischen Land. Die Partei verlangt, es dürften Fremdsprachkenntnisse zumal in einer nicht offiziellen Sprache der EU nur dann verlangt werden, wenn diese für die Tätigkeit unerläßlich seien.
Der langjährige Verkehrsminister Ainārs Šlesers berichtete im Plenum von einer Anekdote. Mit einem estnischen Gast in einem Restaurant russisch parlierend habe ein junges lettisches Mädchen die Bestellung auf Englisch aufnehmen wollen, weil sie überhaupt kein Russisch verstand. Seither habe er sie dort nicht mehr gesehen. In der Hotellerie sei es erforderlich, neben lettisch wenigstens noch Englisch und Russisch zu können, und jede weitere Sprache erhöhe die Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Den Gesetzentwurf der Nationalisten bezeichnete er als Rache an der während der Sowjetzeit vorherrschenden russischen Sprache. Eine Verordnung der Regierung, welche die Forderung nach Russisch nur für Jobs mit Kundenkontakt erlaube, halte er im reellen Leben für nicht umsetzbar, weil die Arbeitsgeber einen anderen Grund finden würden, den Kandidaten mit Russisch-Kenntnissen einzustellen.
Obwohl die Nationalisten im Parlament nur über acht von einhundert Mandaten verfügen, stimmten für ihren Antrag immerhin insgesamt 34 Abgeordnete, während sich 22 enthielten und 32 mit nein votierten.
Die Nationalisten blieben allerdings die Antwort schuldig, ob in irgendeinem europäischen Land Arbeitssuchende mit weniger Kenntnissen als die Konkurrenz geschützt werden.
Bereits Anfang der 90er Jahre war Lettland in den westlichen Medien wegen vorgeblicher Diskriminierung der Russen in die Schlagzeilen geraten. Fernsehteams verfolgten Sprachinspektoren auf dem Rigaer Zentralmarkt, die dort bei den Marktfrauen prüften, ob sie auf Lettisch einen Kauf abwickeln können. Im Falle fehlender Sprachkenntnisse wurde ein Bußgeld fällig. Es ist auch zwanzig Jahre später keine Schwierigkeit, an diesem Ort auf des Lettischen nicht mächtige Verkäuferinnen zu stoßen.
Gleichzeitig hat sich ein allen sichtbarer Prozeß schleichend vollzogen, der plötzlich die Sprachfrage in einem ganz anderen Licht erscheinen läßt. Während die lettischen Jugendlichen früher beim Spielen im Hof oft schon im Vorschulalter Russisch lernten, es so später wie eine zweite Muttersprache beherrschten und dies als Lingua Franca der Sowjetunion vielerorts auch erforderlich war, ist Russisch nun kein Pflichtfach mehr an den Schulen, während die russischen Schüler Dank der 2004 heftig diskutierten Novelle des Bildungsgesetzes bis zu 60% des Unterrichts in Lettischer Sprache erhalten.
Die Verhältnisse haben sich also umgekehrt. Früher konnte in Lettland eigentlich jeder Russisch, während sich viele Zuwanderer um das heimische Lettisch nicht scherten. Heute ist dies die Staatssprache, ohne die beruflich mehr als Marktfrau zu sein schwierig ist. So können viele junge Letten kein Russisch, während die Lettischkenntnisse ihrer russischen Altersgenossen zunehmend besser werden.
Das hat Folgen auf dem Arbeitsmarkt. Selten, daß bei einer ausgeschriebenen Stelle nicht Kenntnis des Russischen verlangt wird. Die offizielle Staatssprache mag Lettisch sein, doch im Geschäftsleben ist es selbstverständlich, dem Kunden entgegen zu kommen. Die Abgeordneten der nationalistischen Fraktion „Alles für Lettland!“ / Für Vaterland und Freiheit brachten jetzt einen Gesetzentwurf ein, der lettische Jugendliche ohne Kenntnis der russischen Sprache vor Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt schützen soll. Die Nationalisten argumentieren, daß inzwischen sogar in vielen staatlichen Unternehmen Russisch-Kenntnisse Voraussetzung für jedweden Arbeitsplatz seien. Eine solche Diskriminierung der eigen Nation gebe es in keinem anderen europäischen Land. Die Partei verlangt, es dürften Fremdsprachkenntnisse zumal in einer nicht offiziellen Sprache der EU nur dann verlangt werden, wenn diese für die Tätigkeit unerläßlich seien.
Der langjährige Verkehrsminister Ainārs Šlesers berichtete im Plenum von einer Anekdote. Mit einem estnischen Gast in einem Restaurant russisch parlierend habe ein junges lettisches Mädchen die Bestellung auf Englisch aufnehmen wollen, weil sie überhaupt kein Russisch verstand. Seither habe er sie dort nicht mehr gesehen. In der Hotellerie sei es erforderlich, neben lettisch wenigstens noch Englisch und Russisch zu können, und jede weitere Sprache erhöhe die Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Den Gesetzentwurf der Nationalisten bezeichnete er als Rache an der während der Sowjetzeit vorherrschenden russischen Sprache. Eine Verordnung der Regierung, welche die Forderung nach Russisch nur für Jobs mit Kundenkontakt erlaube, halte er im reellen Leben für nicht umsetzbar, weil die Arbeitsgeber einen anderen Grund finden würden, den Kandidaten mit Russisch-Kenntnissen einzustellen.
Obwohl die Nationalisten im Parlament nur über acht von einhundert Mandaten verfügen, stimmten für ihren Antrag immerhin insgesamt 34 Abgeordnete, während sich 22 enthielten und 32 mit nein votierten.
Die Nationalisten blieben allerdings die Antwort schuldig, ob in irgendeinem europäischen Land Arbeitssuchende mit weniger Kenntnissen als die Konkurrenz geschützt werden.
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