Lettland machen nicht zum ersten Mal Imageprobleme Sorgen. Von der aktuellen Politik über den Tourismus bis zur Arbeitswelt.
Nachwuchs rechtsaußen
Ex-Außenminister Artis Pabriks machte eine mögliche Einbeziehung von Lettlands jungen Radikal-Nationalisten in die neue Regierung Sorgen. In gemeinsamer Liste mit der "altgedienten" "Tevzemei un brivibai" (für Vaterland und Freiheit - TB) waren vor allem einige Nachwuchs-Nationalisten der "Visu Latvijai" ("alles für Lettland" - VL) ins Parlament "gespült" worden. Pabriks befürchtet von ihnen offenbar, sie könnten immer noch Russen "zurück nach Hause" deportieren wollen oder der Regierung erneut Debatten um alte SS-Kämpfer aufzwingen - entsprechend den bereits jahrelang publizierten Äusserungen der VL-Aktivisten.
Krise schützt vor dunklen Geschäften nicht
Ähnlich wie auch schon bei der Gründung der "Vienotiba", die dann aus "Pilsoniskās savienība" (PS), der "Jaunais Laiks" (JL) und der "Sabiedrība citai politikai" (SCP) gebildet wurde, legten die SCP und Pabriks selbst ihr Veto gegen eine Einbeziehung der extrem nationalistisch orientierten Parteien ein. Ģirts Valdis Kristovskis, heute Chef der PS, war selbst einmal als Ex-Tevzemei-Mitglied Verteidigungsminster und steht den selbsternannten Vaterlandsverteidigern daher näher als sein Kollege Pabriks.
Gleichzeitig sprach Pabriks öffentlich die Hoffnung aus, dass in Lettland in Zukunft einmal eine Regierung ohne die neureichen "Oligarchen" gebildet werden könnte - das war offenbar zuviel für den internen Frieden bei "Vienotiba". Statt die Kompetenzen des ehemaligen Außenministers Pabriks und des ehemaligen Verteidigungsministers Kristovskis zu bestärken, probt Regierungschef Dombrovskis nun offenbar die Rochade. Während Pabriks den Letten wird erklären müssen, was lettische Soldaten auf Auslandseinsätzen eigentlich so tun, wird Kristovskis, der auch schon mal "militärische Disziplin" für den Rigaer Stadtrat forderte, nun Außenminster. Ob der Imageschaden hier behoben oder der Keim neuer Blamagen gelegt wurde, wird sich noch zeigen müssen.
Krise schützt vor dunklen Geschäften nicht
Wegen dem in dieser Woche neu veröffentlichten "Korruptionsindex" von "Tranparency International" (TI) sorgt sich der lettische Journalist Kārlis Streips und wird auch in den "Eurotopics" zitiert: "Das ist ein schlechter Wert und außerdem schlechter als vor einem Jahr. .... Bestechungsskandale gab es bei uns jede Menge. Aber was war die Reaktion der Politiker? Unter uns gesagt: keine. Dabei ist das Rating von Transparency International für Lettland eine Schande, und das umso mehr, wenn wir bedenken, dass Estland längst an uns vorbeigezogen ist." Mehr noch als der übliche Neid auf den nördlichen Nachbarn fällt, dass auch der südliche Nachbar inzwischen besser dasteht. Ob das allerdings daran liegt - wie "Respublika" schreibt, dass in der Wirtschaftskrise weniger Geld da ist, und (so übersetzt es "Eurotopics") "wo es weniger Menschen und weniger Geld gibt, kann weniger in falsche Taschen fließen," da kann doch ein Fragezeichen gesetzt werden. Im Umkehrschluß könnte das heißen, Litauer und Letten kämen mit dem eigenen Wohlstand nicht klar ...
Image, nostalgisch
Sorgen um ein allzu sowjetisch geprägte Image Lettlands macht sich das Portal "Finance.net", und beruft sich dabei auf "Travelart.lv". Grund ist das englischsprachige "Best in travel - Jahrbuch 2011" aus der Serie “Lonely Planet”, in dem Lettland zwar vorkomme, aber Empfehlungen zu Sehenswürdigkeiten lediglich in Richtung spezieller Sowjet-Romantik gemacht würden: das Ex-Sowjetgefängnis in Karosta / Liepāja, oder der Ex-Sowjetbunker in Līgatne.
Nicht ganz sicher sind sie die lettischen Tourismusverkäufer aber, ob es ein Qualitätszeichen darstellt, wenn die Nachbarn Estland und Litauen diesmal in der Topliste gar nicht auftauchen.
Sorgen um ein allzu sowjetisch geprägte Image Lettlands macht sich das Portal "Finance.net", und beruft sich dabei auf "Travelart.lv". Grund ist das englischsprachige "Best in travel - Jahrbuch 2011" aus der Serie “Lonely Planet”, in dem Lettland zwar vorkomme, aber Empfehlungen zu Sehenswürdigkeiten lediglich in Richtung spezieller Sowjet-Romantik gemacht würden: das Ex-Sowjetgefängnis in Karosta / Liepāja, oder der Ex-Sowjetbunker in Līgatne.
Nicht ganz sicher sind sie die lettischen Tourismusverkäufer aber, ob es ein Qualitätszeichen darstellt, wenn die Nachbarn Estland und Litauen diesmal in der Topliste gar nicht auftauchen.
Öffentlicher Arbeitsdienst
Sorgen um das lettische Image in Europa macht sich auch das Portal "Delfi.lv". Auch in Lettland scheint bei gleichbliebend hoher Arbeitslosenzahl nun die Diskussion loszubrechen, ob Leute ohne Arbeitsplatz überhaupt arbeitswillig seien. Die "1-Euro-Jobs" heißen in Lettland adäquat "100-Lat-Jobs". Unterstützt vom Europäischen Sozialfond werden hier Minijobs für Landzeitarbeitslose angeboten. So setzt die Stadt Riga solche Arbeitskräfte bevorzugt auf Friedhöfen und beim Reinigen von stadteigenen Flächen ein - wer sich wundert, dass Reinigungskräfte neuerdings nicht mehr mit den bewährten Reisigbesen kehren, sondern mit frisch aber schwächlich aussehenden bunten Plastikbesen - auch das ist vermutlich EU-Geld zu verdanken. Und schon geht auch die Diskussion los, ob Arbeitslose wirklich arbeiten wollen: 100 Lat (ca.150 Euro monatlich, das sind 50 Lat weniger als der eigentlich staatlich festgelegte Mindestlohn) für 40 Stunden Arbeit im Monat, das reicht zwar auch in Lettland nicht zum (Über-)Leben, wohl aber für den Neid der Nachbarn. Da stellt dann das Portal Delfi Filmchen ins Portal, wie solche "Simtlatnieki" (100-Lat-ler) beim Arbeiten gefilmt - und beim vorzeitigen Verlassen der Arbeitsstätte erwischt werden. Was wohl dem Ansehen Lettlands mehr schadet? Die Lustlosigkeit von Billiglöhnern, oder der Eifer der Neider?
Image neu erfunden
Völlig neu erfinden zu wollen scheint das "Büro zur Entwicklung des Riga-Tourismus" (Rīgas Tūrisma attīstības birojs" RTAB) das Image der lettischen Hauptstadt. Zwar kaufen Touristen in Riga weiterhin am liebsten Laima-Schokolade oder "schwarzen Balzam", und die Touristenführer preisen den Jugendstil und die Legenden des Mittelalters.
Doch 2009 wurde der Auftrag zum "Re-Branding" Rigas an die deutsche Werbeagentur "Embassy" in Berlin vergeben, und in der Präsentation dieser neuen "Botschaft" durfte Vize-Bürgermeister Šlesers noch gleichzeitig seine Wahlkampfsprüche unterbringen ("tausend neue Jobs"). Der neue Slogan aus Berlin scheint zu lauten: bloß nicht auf Bewährtem aufbauen. Und so nerven die Campaigner Riga nicht nur mit überdimensionalen dreieckigen Weihnachtsbäumen, sondern es schimmert immer öfter auch die Firmenfarbe der Fluggesellschaft "AirBaltic" (die Teilhaber des RTAB ist) durch. Kürzlich wurde eine Produktlinie von Riga-Souvenirs vorgestellt, bei der ähnlich der neuen Baltic-Bike-Fahrradpromotion schon ziemlich viel grünlich daherkommt. Nur gut, dass nach der großen Krise steigende Erfolgszahlen geradezu garantiert erscheinen...
1 Kommentar:
Sveiki,
Ja, ich denke neben den Imageproblemen hat Lettland zur Zeit eher Probleme mit der zunehmenden Korruption und dem versteckten Angriff der Oligarchen auf die Korruptionsbekämpfer.
Was z.Z. bei KNAB abläuft, sucht in der jüngeren lettischen Geschichte sicherlich Seinesgleichen. Wo kommt oder kam es schon mal vor, dass sich gut 65% von teils hochspezialisierten Mitarbeitern mit teilweise mehr als 10 Jahren Erfahrung in diesem Bereich zu einer Gewerkschaft zusammen tun und ihren Chef öffentlich in Frage stellen. Dieser scheint vom Thema Korruptionsbekämpfung nun keine Ahnung zu haben (Wie kam er denn da hin, als "Chef"?), seine Führungsqualitäten aus stalinistischen Führungsmodellen abzuleiten inkl. moderneren Methoden wie Mobbing und sonst eher in Rat und Tat Korruptionsbekämpfung zu verhindern als zu unterstützen. Nicht wenige sind davon überzeugt, dass er die Rache der Oligarchen an der teilweise erfolgreichen Korruptionsbekämpfung ist und diese in deren Auftrag eliminieren soll.
Ich finde, dieses ist schon eine sehr herausragende Fragestellung, da sie meines Erachtens die Entwicklung der lettischen Wirtschaft und vor allem der Gesellschaft viel stärker prägt oder beeinflusst, als die Imageprobleme nach außen ...
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