14. Februar 2018

Philosoph mit Kamera

Man konnte ihn manchmal auf den Straßen Rigas herumspazieren sehen, denn "Altriga" (Vecrīga) war eines seiner Themen, im Fokus einer Langzeitbeobachtung: von 1969 bis 2007. Ein weiteres seiner Projekte hieß "Dzīve kā realitāte" (Leben als Realität), 530 Fotos aus den Jahren 1971 bis 2013. Oder zum Beispiel: "Lidojums" (der Flug) mit Ansichten Lettlands aus der Vogelperspektive.

Ich habe Vilhelms Mihailovskis, geboren 1942 in Kostjantyniwka, einem Gebiet der heutigen Ost-Ukraine, Sohn eines Polen und einer Russin, als äußerlich ruhigen, bedächtigen, gelassenen Menschen kennengelernt. So wie jemand, der genau hinschaut, ein "fotografischer Blick" eben, auf Details gerichtet und besondere Situationen. Nach dem Armeedienst und einem Studium an der Technischen Hochschule nutze er die Möglichkeiten seiner Heimatstadt, einem Zentrum der glasverarbeitenden Industrie, und kam so auch zu "Latvjas Stikls" nach Riga. Seit 1969 ist Mihailovskis als Fotograf in Lettland aktiv.

Seine Auszeichnungen und Preise als Fotograf aufzuzählen ist müßig - vielleicht zeugen sie davon, dass er vielleicht international mehr Anerkennung hatte als in im "neuen Lettland" nach 1990. Zwar war die Bewunderung für seine Fotos ungeteilt, aber er war kein Teil der "etablierten" lettischen Kulturelite, die sich nach 1990 so gern die Aufträge gegenseitig zuschob - die schöne lettische Bezeichnung vom "Brīvmākslinieks" (freier Künstler) trifft auf ihn absolut zu. Aber er war auch keiner von denen, die ihr Russisch-Sein vor sich hertragen; er war integriert im modernen Lettland, kann man wohl sagen. Fotografien von ihm finden sich sowohl im lettischen Fotografie-Museum, im Kinomuseum, wie auch im Museum für Geschichte.
Die lettische Dichterlegende Ojārs Vācietis,
fotografiert von Vilhelms Mihailovskis
Die Stadt Riga verlieh Mihailovkis 2007 einen Preis für seine vielen außerordentlichen Fotografien von bekannten Persönlichkeiten der Stadt. Insgesamt erlebte Mihailovskis über 50 Ausstellungen seiner Werke, 11 Bücher mit seinen Fotos wurden produziert.

Ebenfalls sehr besonders seine Fotoserie “Manas 365 dienas” (meine 365 Tage): ganz besondere Tage, im Jahr 1999, als Abschied vom alten Jahrtausend, jeden Tag ein neues Foto. Die Tageszeitung DIENA formuliert es so: "Das Leben von Vilhelms Mihailovskis war wirklich groß, sowohl was seine Leistungen angeht, wie auch seine Geistesgröße. Gott gab ein Talent für die Fotokunst, und eines für die Lebensweisheit. Nun hat Gott den Menschen zurückgenommen - den wir immer schon als Bestandteil Lettlands höchster Kulturlandschaft gesehen haben." Vilhelms Mihailovskis starb am 23. Januar 2018 in Riga.

Webseite Vilhelms Mihailovskis --- Worldpressphoto --- Russen in Lettland --- Photoisland (russ.) --- Fotomuseum Riga --- fold.lv --- youtube (russ.)

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