25. Februar 2014

Ausländer für Lettland!

Der Kuchensieg
Tja, ist das nun ein Beispiel von Blitz-Integration, vom falschen und dem richtigen Fuß, oder ein Beweis für die vielen ungenutzten Möglichkeiten, die sich in Lettland bieten? Jöran Steinhauer, Pfarrerssohn aus Bochum, geboren in Witten an der Ruhr, eigentlich Student der Europastudien, studiert gerade Lettland am praktischen Beispiel die Möglichkeiten ein neues, fremdes Land für sich zu erobern. Mit dem Lied "Paldies Latinam" (Danke, kleiner Lat) traf er in den vergangenen Monaten schon sehr gut die lettische Stimmung - derart gut, wie es wohl lange kein Deutscher mehr geschafft hat. Nun  ja, über etwas, dass scheinbar unvermeidlich ist, wird eben in Lettland selten nachgedacht, geschweige denn geredet, diskutiert oder gesungen - erst "Aarzemnieki" haben das verändert.
Nun wird ihr neuestes Werk "Cake to bake" (ein Kuchen zu backen) der lettische Beitrag zur Eurovision 2014 sein, der Anfang Mai in Kopenhagen ausgetragen wird.
Ein Deutscher, der Lettinnen und Letten begeistert? Ja, das kann dann doch wohl nur singend erreicht werden.

Jöran S. auf der Werder-Weihnachtsfeier 2011
Dabei ist Jöran fast nie allein auf der Bühne. Den Engländer Nik Massey, mit dem zusammen "Paldies Latinam" eingesungen wurde, traf er in Lettland. Auf der Eirovizija-Bühne wurde er begleitet von Katrīna Dimanta (Geige), Raitis Viļumovs (Schlagzeug) und Guntis Veilands (Klavier). Auch von seiner Zeit des Studienaufenthalts in Bremen ("Europastudien") sind Dokumente gesanglicher Anstrengungen bekannt. Seit September 2013 aber tourt Jöran durch die lettischen Clubs und Stadtparks, nie mundfaul, immer mit einem freundlichen, positiven Gemüt voran.
Ein Auftritt vor 6 Jahren -
aber ob das Stadium
"mehr als 27" erreicht wird,
entscheidet sich wohl erst
in Kopenhagen
Sein Sprachtalent war vor allem dort erkennbar, wo sonst die Künstler zittern: seine Auftritte im lettischen Radio und Fernsehen wirkten oft wie ein spielerisches und leichtes Umschiffen möglicher Klippen und Schwierigkeiten - etwa wenn Jöran einen lettischen TV-Moderator kurzerhand fragt ob er vielleicht aus Latgale sei, denn er habe gerade nicht verstanden was er sage. Kenntnis interner lettischer Befindlichkeiten, die fröhlich und nie verletzend angewandt werden - vielleicht eine der größten Stärken des Ex-Bochumers.

Gepostet, gesimst, gevotet
Kurz vor dem entscheidenden Auftritt, dem lettischen "Eirovizija"-Vorentscheid am 22.Februar in der Ventspils, witzelte der lettophile Barde mit den Radiojournalisten auch in Niederländisch, Spanisch, Französisch und Italienisch. Vor allem seiner offensiven Kommunikationsstrategie ist es wohl zu verdanken, dass seine Chancen als Deutscher "Lettland" vertreten zu dürfen, permanent hoch gehalten wurden. Ungeachtet aller möglichen Fehler, die Sprachanfänger eben so machen spricht Jöran in seinen selbstproduzierten, größtenteils auf Youtube und Facebook eingestellten Filmchen offenbar alles an, was ihm spontan durch den Kopf geht. "Hilfe, macht mich zum Letten!" ist dabei genauso ein Motto wie "Deutsche Schlager, Lettisch" oder ein Lied über die deutsche Sehnsucht nach Currywurst. Um einen Werbeclip aufzunehmen lädt Jöran seine lettischen Fans kurzerhand zu einem Flashmob auf den Bastejkalns ein.

Dennoch klingt das lettische Medienecho auf den Vorentscheidungs-Sieg der "Ausländer" vorwiegend nach einer nur langsam abklingenden Überraschung. Einhellige Begeisterung liest sich anders. Und wer Gründe finden möchte, dass der "Kuchensieg" doch nicht ganz "normal" war, könnte sie auch im Abstimmungsmodus suchen: es gab sowohl eine Jury, eine Telefonabstimmung, und eigentlich auch eine Internetabstimmung - letzteres aber mit technischen Schwierigkeiten. Abstimmen konnte bei der lettischen Endausscheidung jede und jeder, der und die über einen Facebook- oder Twitter-Account verfügt - also auch Deutsche aus Deutschland. Lettische Prognosen hatten vorher zwei andere Favouriten ausgemacht: "Dons" mit „Pēdējā vēstule” ("Im letzten Brief") und Samanta Tīna mit "Stay". Beide standen zum Schluß auch mit ganz oben - nur eben nicht auf der obersten Stufe.

Deutsch-europäisch-erfolgreich?
"Der Lat geht - Jöran bleibt"
wusste schon die lettische Frauenzeitschrift "Una"
in ihrer Februarausgabe
Nun war Lettland seit dem Sieg von Marija Naumova im Jahr 2002 nicht gerade erfolgreich im Eurovisions-Wettbewerb. Vorerst werden sich also viele zurückhalten in der Beurteilung der Erfolgschancen von "Jorans Šteinhauers" (so die lettisierte Namensversion, manche schreiben auch "Jerans"). Auf viele wirkt das Lied selbst erst einmal nur lustig, und sie kommentieren es als "fabelhaft lustige Folknummer". Aber die mit vielen virtuellen Hilfsmitteln zu populären Figuren aufgebauten "Straßenmusiker" werden sich bald überlegen müssen, ob sie als "Darsteller" (denn das sind sie auf der Bühne) sich doch etwas professionalisieren wollen. Alles ohne Manegement, alle Musikerinnen und Musiker auf der Bühne wie in zufällig gewählter Straßenkleidung - bis jetzt wirkte es zwangsläufig. Ein echter, sympathischer Jöran, von dem einen als Ex-Zivi, dem anderen als Ex-Sozialarbeiter angesehen, wird in der Welt der Eurovision nicht der ewige Student bleiben können. Oder etwa doch? "Auf der Schwelle zwischen Natürlichkeit und Primitivität" sieht ein Kommentar der lettischen Tageszeitung NRA den nun erwählten lettischen Beitrag und meint zudem noch, wenn sowas nun auch noch in Kopenhagen Erfolg habe, könne man mit dem Niveau nicht zufrieden sein. Konnten die "Ausländer" bei allen lettischen Aufführungen mit einer dem englischen Text zugefügten Zeile "Cep, cep, kūku" ("Backe, backe, Kuchen") das lettische Auditorium noch für sich gewinnen - wie wird das auf internationaler, europäischer Bühne sein? Da wirkt das Motto des Kölner Bloggers Gerd Buurmann, der "Cake to bake" spontan lobpreist, geradezu symbolisch: "Tapfer im Nirgendwo."

Günstig für die "Aarzemnieki" wirkte sich im diesjährigen lettischen Finale auch aus, dass einige Beiträge noch viel mehr zwiespältige Reaktionen bei Jury und Publikum hinterließen. So versuchten Ralfs Eilands, Valters Pūce und Nelli Bubujanca mit ihrem Lied "Revelation" offenbar, den Kiewer Maidan live auf eine lettische Bühne zu bringen, mit ukrainischen Armbändern, gruseligen Melodien und am Schluß zertrümmerten Instrumenten. Liedtexte wie "Demokratie hat unsere vergifteten Körper mit Wahnsinn überschüttet." Ist es das, was Europa bewegt? Samanta Tīna's "Stay" wiederum wirkte ein wenig in Sound und Inszenierung wie der dritte Aufguß des 2012 erfolgreichen "Euphorija" (Laureen, Schweden).

Straßenmusiker im besten Sinne
Andere Reaktionen auf lettischer Seite schieben das Resultat der diesjährigen Auswahl auch darauf, dass junge Leute in Lettland eben eher für die üblichen Talentwettbewerbe abstimmen als für die Eurovision ("Talantu fabrika" heißt das in Lettland). "Und wenn man dann Geld dafür ausgeben soll für einen Anruf oder eine SMS, es anderswo aber auch kostenlos per Internet geht, dann ist klar: das Geld wird gespart," so einer der Kommentare in den einschlägigen Foren. "Dann gewinnen am Ende eben Dilettanten und Amateure". Harte Vorwürfe, aus denen klar wird, dass offenbar besonders die lettische Musikszene und Fachpresse nicht unbedingt Freunde der "Aarzemnieki" sind. Beim Vorentscheid hatte die Jury eher dem Sänger Don den Vorzug gegeben, und nachdem auch die Internetstimmen keinen entscheidenden Vorsprung erbrachten entschieden die "Telefonstimmen", wo "Aarzemnieki" mit mehr als 100 Stimmen vor den Konkurrenten lagen.
Der Spruch "die Lieblingsspeise der Letten ist .... ein anderere Lette" war ja schon bekannt - ob er sich auch gegen lettisch integrierte Ausländer richtet? Vielleicht dann doch lieber nicht, denn schon lassen sich Stimmen vernehmen über die in Kopenhagen zu erwartende internationale Konkurrenz a la "Conchita Wurst" aus Österreich. "Ein Mann in Frauenkleidern!" (apollo.lv) ist hier aus lettischer Sicht offenbar schon abschreckende Überschrift genug.

Raimonds Pauls, als einer der anerkanntesten bekanntesten Kulturmenschen Lettlands regelmäßig nach Kommentaren befragt, äußert sich da schon differenzierter. Zwar sei Samanta Tīna seine diesjährige Favouritin gewesen, aber beim Eurovisions-Finale seien "Wunder jeder Art möglich." Und Vorjahresteilnehmerin Annmary meint, man solle doch "savējie" (die unsrigen) unterstützen im großen Finale. Samanta Tīna selbst, im "Superfinale" auf Platz 3 und damit im dritten Jahr in Folge nur auf "ferner liefen", will in Zukunft nie mehr an der "Eirovizija" teilnehmen. "Ich hätte ja nichts gesagt, wenn Don gewonnen hätte", sagte sie der Presse, "er ist mein guter Freund, und ich bewundere ihn." - Wesentlich abgeklärter beurteilt da die Kommentatorin der Tageszeitung DIENA den Erfolg der "Aarzemnieki" - allerdings verbunden mit dem Wunsch nach besserer Show: "Lasst sie doch in Kopenhagen auf der Bühne Kuchen backen!"
PeR

"Letztes Jahr ging es mir nicht gut, und ich wusste nicht was ich weiter machen sollte." Auch solche Sätze hört man von Jöran - wenn man genau hinhört.
"More than 27" hieß sein Lied, mit dem er es 2008 bei der lettischen Vorentscheidung schon einmal versuchte. Singen als Krisenbewältigung - im oft ach so melancholischen Lettland keine unbekannte Beschäftigung. Eigentlich waren damals die 27 EU-Mitglieder gemeint: ich fahre ein deutsches Auto, mag russische Filme, griechische Tänze, spanische Malerei - aber ich spreche "europäisch". Also doch gesungene Europastudien? Inzwischen ist Jöran 27 Jahre alt, vielleicht war es also zunächst eine Wunsch-Prophezeihung für sich selbst.

Die kommenden Wochen bis zum Mai werden sicher "Grenzerfahrungen" sein - für "Ausländer" ja gewohnte Erlebnisse, aber das Ergebnis könnte auch sein sich wie ein "Außerirdischer" zu fühlen, der nach diesem Höhenflug lieber wieder sicher landet. Aber wo? "Es labāk gribu palikt Latvijā!" (ich will lieber in Lettland bleiben) war vom Exil-Bochumer zu hören und zu lesen, wenn lettische Journalisten fragten. Ob er eher in Richtung lettische Ehrenbürgerschaft oder in andere Richtungen geht, wird interessant zu beobachten sein. Jedenfalls wird das Eurovisions-Halbfinale und Finale Anfang Mai dadurch nicht uninteressanter.

Facebook-Seite der "Aarzemnieki"Youtube-Filme von "Aarzem nieki"  / Lettischer Vorentscheid (Aufzeichnung) 

(Nachtrag April 2014) und nun auch noch dies: einigen Lettinnen und Letten war der Song offenbar zu "nett" gemacht, und so singen sie nun "Steak to make"



fabelhaft lustige Folknummer
fabelhaft lustige Folknummer
fabelhaft lustige Folknummer

15. Februar 2014

Dombrovskis will Präsident der EU-Kommission werden

Mr D. in "Winterzivil"
Die größte Regierungspartei Vienotība (Einigkeit) hat am Samstag den im November wegen des Zusammebruchs eines Supermarktes zurückgetretenen ehemaligen Ministerpräsidenten Valdis Dombrovskis offiziell als ihren Kandidaten für das Präsidentenamt der EU-Kommission und somit als Nachfolger für José Manuel Barroso aufgestellt.

Um einen Kandidaten zu benennen bedarf es der Unterstützung aus der eigenen Parteienfamilie und Fraktionsgemeinschaft im EU-Parlament aus wenigstens zwei weiteren Staaten. Diese haben die Parteifreunde aus Litauen und Estland zugesagt. Für das Europaparlament kandidieren neben Dombrovskis die bisherige Abgeordnete Sandra Kalniete, der ausgeschiedene Verteidigungsminister Artis Pabriks wie auch die derzeitigen Vertreter ihrer Partei in Brüssel Krišjānis Kariņš, Kārlis Šadurskis und Inese Vaidere.

Da die Wähler bei den lose gebundenen Listen in Lettland Kandidaten ausstreichen können, gibt es mehr Kandidaten als Lettland mit 8 Sitzen im Europaparlament zustehen. Deshalb folgen noch der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses Ojārs Ēriks Kalniņš, der Saeima Abgeordnete Andrejs Judins, der im vergangenen Jahr die Kindertausch-Aktion ins Leben gerufen hatte, der bisherige parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Veiko Spolītis und andere. Reelle Aussichten dürften nur die ersten drei genannten Kandidaten haben, weil die Vienotība bei weitem nicht mehr so populär ist, wie vor fünf Jahren. Es ist nicht auszuschließen, daß sie sogar nur zwei Sitze erreicht.

13. Februar 2014

Lettland verliert erneut in Straßburg

Lettland hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte des Europarates nicht erst einen Prozeß verloren. Vor einigen Jahren ging ein Fall durch die Medien, als ein früherer Häftling, der in der JVA Daugavpils im Osten des Landes eigesessen hatte, wegen der unmenschlichen Haftbedingungen dort eine Entschädigung von mehr als 11.000 Lat zugesprochen bekam – das sind knapp 16.000 Euro. Viele mußten auch erst begreifen, daß es sich hier nicht um eine einmalige Strafe für Lettland handelte, sondern umm ein Schmerzensgeld, auf das nach diesem Urteil quasi jeder Gefangene aus Daugavpils hätte einfordern können. Nun hat das Gericht im Fall Cēsnieks gegen Lettland für erwiesen erachtet, daß im Jahre 2002 der Beschuldigte von der Polizei mit Gewalt zu Geständnissen gedrängt wurde. Der Gerichtshof betonte, es sei nicht seine Aufgabe die Glaubwürdigkeit der Beweise zu prüfen, auch würden juristische Fehler und Irrtümer bei den Fakten in den nationalen Gerichten nicht bewertet. Wichtig sei aber die Garantie der Gerechtigkeit, welche die Menschrechtskonvention vorsieht. Und in dieser ist die Anwendung von Gewalt ausdrücklich untersagt. Der Kläger verlangte 9.490 Euro als Kompensation für seine Ausgaben und 50.000 Euro Entschädigung. Das Gericht sprach ihm jeweils 5.037 und 6.000 Euro zu. Vorausgegangen war die Festnahme des Beschuldigten für die Beteiligung an einem Mord, nachdem er zunächst erst als Zeuge gehört worden war. Während des Verhörs wurde der Mann mißhandelt und legte ein Geständnis ab. Das Rigaer Regionalgericht gab später dem Beschuldigten Recht, während anschließend der Kriminalsenat des Obersten Gerichtshofes den Mann erneut wegen seines ursprünglichen Geständnisses veruteilte. Ähnlich verhält sich der zweite Fall Sapožkovs gegen Lettland. Der Beschuldigte wurde bei Sichtung seiner persönlich Gegenstände bei der Üerführung in das Gefängnis Daugavgrīva mit einem Gummistock geschlagen, was später auch bei einer ärztlichen Untersuchung dokumentiert wurde. Die Gewaltanwendung wurde von den Behörden damit begründet, der Häftling habe die Durchsuchung seines Eigentums gestört. In diesem Fall verlangte der Kläger sogar 90.000 Euro Entschädigung, zugebilligt wurden ihm aber nur 4.000. Die lettische Regierung hatte sich beim Gericht darüber bewschwert, daß der Kläger nicht sofort Beschwerde eingereicht habe. Der Gerichtshof wies seinerseit auf die Notwendigkeit der Garantie einer effektiven Untersuchung hin. Bei Besuchen in Lettland während der letzten zehn Jahre sei man aber zu dem Schluß gekommen, die zuständigen Amtspersonen in den Gefängnisses seien nicht unabhängig. Damit sei eine ordentliche Untersuchung derartiger Vorfälle beinahe unmöglich. So wurden Eingaben bei der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen und ein entsprechendes Verfahren eingestellt, nachdem die Verwaltung des gefängnisses seine Version der Vorfälle vorgetragen hatte.

9. Februar 2014

Korruptionsbekämperin zum dritten Mal entlassen

Die Anti-Korruptionsbehörde, KNAB, in Lettland ist seit ihrer Gründung 2003 regelmäßig in den Schlagzeilen. Und das nicht unbedingt wegen spektakulärer Erfolge oder Mißerfolge, sondern wegen der oft politisierten Personalpolitik. Über die Vergabe des Chefpostens wurde sich die Politik gleich am Anfang nicht einig und berief schließlich Andrej Loskutow, der später entlassen wurde. Ihm folgte Normunds Vilnītis, der ebenfalls aus dem Amt gejagt wurde.. Der derzeitige Chef Jaroslaw Streļčenoks, welcher als erster nicht von außen kam, sondern bereits vorher in der Behörde gearbeitet hatte, entließ dieser Tage zum dritten Mal innerhalb von knapp zwei Monaten seine Stellvertreterin Juta Strīķe, welche dieses Amt quasi von Beginn an bekleidet. Das erste Mal erfolgte dies am 20. Dezember kurz vor Weihnachten. Der damals noch geschäftsführend im Amt befindeliche Ministerpräsident Valdis Dombrovskis annulierte den Schritt von Streļčenoks umgehend. Eine weitere Entlassung erfolgte am 14. Januar 2014, die ebenfalls vom immer noch die Geschäfte führenden Dombrovskis an seinem letzten Tag im Amt aufgehoben wurde. Die neue Regierungschefin Laimdota Straujuma bemühte sich um ein Treffen mit dem Leiter der Anti-Korruptionsbehörde, was jedoch einstweilen nicht zustande kam. Ähnlich erging es dem Generalstaatsanwalt Ēriks Kalnmeiers. Streļčenoks wirft seiner Stellvertretering nach einem wiederholten Monitoring ihrer Tätigkeit vor, ihre Amtsgeschäfte nicht ausgeführt und mehrfach gegen verschiedene Vorschriften verstoßen zu haben. In der Tat hatte Strīķe nicht nur eine Entscheidung ihres Vorgesetzten während dessen Urlaub in der Vergangenheit aufgehoben. Daß es zum Konflikt kommen würde, war somit vorprogrammiert. In einem Interview mit dem Magazin „ir“ erklärte Strīķe, weiter für ihren Verbleib im Amt zu kämpfen. Auf die Frage, warum sie nach der Entlassung von Streļčenoks’ Vorgänger nicht selbst kandidert habe, antwortete sie, daß vermutlich nur wenige politisch Verantwortliche sie in diesem Amt sehen wollten. Bei vorherigen Auswahkverfahren war sie nicht gewählt worden. Die Anti-Korruptionsbehörde hat in Lettland angesichts verschiedener Skandale und Verwicklung von öffentlicher Hand und Politik darin, nicht wenig zu tun. Einer der bekanntesten darunter sind die Ungereimtheiten bei der staatlichen Luftfahrtgesellschaft air baltic unter deren langjährigen Chef Berthold Flick, Sproß der bekannten deutschen Unternehmerfamilie. Der jüngste Skandal rankt sich um die Absetzung des Vorsitzenden des Rigaer Regionalgerichts. Juta Strīķe betont im gleichen Interview sich auf die internationale Zusammenarbeit mit vergleichbaren Behörden im Ausland berufend, man wundere sich dort, warum mit den vorliegenden Beweisen ein Fall nicht zur Anklage komme. In ihrem Land würde das vorliegende Material völlig ausreichen. Der Think Tank Providus hat ebenfalls erst kürzlich in einem Bericht zur Lage der Korruption im Lande darauf hingewiesen, daß nie so wenig Fälle vor Gericht gekommen seien wie im Jahr 2013. Es besteht kein Zweifel an der Korrumpiertheit von lettischer Politik und Verwaltung, die gewiß italienische Ausmaße oder auch nur französische sicherlich nicht erreicht. In einem kleinen Land von gerade etwas mehr als zwei Millionen Einwohnern, wo jeder fast jeden kennt, ist die Gefahr von Einflußnahme groß, wobei es von außen schwer zu beurteilen bleibt, was hinter den Kulissen passiert und wer auf wen Druck ausübt. Juta Strīķe berichtet im Intgerview ruig, sie habe immer damit gerechnet, daß eines Tages der Tag kommt, an dem sie entlassen und auf Ersparnisse angewiesen sein wird. Diese habe sie.

Wollen die Letten das imperative Mandat?

Das lettische Parlament berat seit etwas mehr als einem Jahr eine Petition aus den Reihen der Bevölkerung. Etwa 13.000 Menschen hatten auf der politischen Mitmachseite www.manabalss.lv eine Motion unterschrieben, die eine Möglichkeit zu Abberufung von Parlamentsabgeordneten bietet. Selbstverstunlich mag es dem ein oder anderen oder gar vielen Wählern vernünftig erscheinen, Abgeordnete zu schassen, die ihre vollmundigen Wahlversprechen nicht einhalten oder gar in irgendwelche Skandale verwickelt sind. Doch Lettland ist wie Deutschland eine repräsentative Demokratie, in welcher Volksvertreter auf Zeit vom Volk gewählt werden, um dieses zu vertreten. Damit sie dabei möglichst nicht unter von jedweder Seite stehen, gibt es die Gewissensfreiheit, die im deutschen Grundgesetz in Artikel 38 festgelegt ist. Freilich spricht man in der Öffentlichkeit gerne von Fraktionszwang, und es versteht sich von selbst, daß Regierungen sich auf die sie stutzenden Fraktionen verlassen können sollten, um ein stabiles Regieren zu gewährleisten. Und in spektakulären Einzelentscheidungen wird dann gerne einmal erklärt, der Fraktionszwang sei bei dieser konkreten Abstimmung aufgehoben. Aber gesetzlich gibt es einen solchen natürlich nicht. Einen Abgeordneten abberufen zu können, stellt die Volksvertreter jedoch unter den konkreten Druck ihrer Wähler. Und das auch wieder nur bedingt, schließlich gibt es ein Wahlgeheimnis. Das bedeutet, über die Abberufung eines Abgeordneten wurden nicht nur jene Wähler entscheiden, die bei der vorherigen Wahl diesen konkreten Politiker gewählt haben – in Lettland wählt man mit lose gebunden Listen, auf welchen mißliebige Kandidaten auch ausgestrichen werden können – sondern alle. Da ist dann anläßlich einer Motion zur Abberufung ziemlich sicher, daß neben unzufriedenen Wählern, die noch bei der Wahl diesen Politiker bevorzugten, dessen Gegner freilich auch alle gegen ihn stimmen werden. In diesem Fall konnte man sich eine Abstimmung beinahe sparen. Einen Abgeordneten abberufbar zu machen, kommt außerdem nahe an das Imperative Mandat heran. Die Wähler wurden also ihre Volksvertreter mit einem konkreten Auftrag in das Parlament schicken. Das konnte natürlich dazu fuhren, daß Kandidaten sich mit ihren Versprechungen zurückhalten. Aber ob der Wähler bei einer Wahlkampagne realistischere Ankündigungen goutieren wurde, bleibt ebenfalls eine offene Frage. Und genau weil die Idee mit dem abberufbaren Abgeordneten demokratietheoretisch problematisch ist, wurde der entsprechende Gesetzentwurf in den Ausschössen des lettischen Parlaments bereits dahingehend korrigiert, daß ein Abgeordneter von seinem Mandat entbunden werden konnte, wenn er gegen seinen feierlichen Eid verstößt. Doch was soll man da als Verstoß werten dürfen? Der Eid ist ja eine sehr allgemein gefaßte Formulierung. «Es, uzņemoties Saeimas deputāta amata pienākumus, Latvijas tautas priekšā zvēru (svinīgi solu) būt uzticīgs Latvijai, stiprināt tās suverenitāti un latviešu valodu kā vienīgo valsts valodu, aizstāvēt Latviju kā neatkarīgu un demokrātisku valsti, savus pienākumus pildīt godprātīgi un pēc labākās apziņas. Es apņemos ievērot Latvijas Satversmi un likumus.» Übersetzung: Ich schwöre (verspreche feierlich) vor dem lettischen Volk, die Aufgaben eines Abgeordnetenmandates übernehmend, treu zu Lettland zu stehen, seine Souveränität und Lettisch als einzige Amtssprache stärken, Lettland als unabhängigen und demokratischen Staat verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft und nach bestem Wissen erfüllen werde. Ich verpflichte mich, die Verfassung Lettlands und seine Gesetze zu achten. Ein Verstoß gegen Recht und Gesetz durch einen Abgeordneten ist außerdem auch ohne die Abberufbarkeit schon heute ein Grund für die Aufhebung der Immunität, die Abgeordnete gerade zum Schutz ihrer Gewissensfreiheit genießen. Pikant ist dieser Aspekt vor dem Hintergrund, daß die Abgeordneten des lettischen Parlamentes 2011 Solidarität mit einem der lettischen Oligarchen, Ainārs Šlesers, gezeigt hatten. Als die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermitteln wollte, votierten für die Aufhebung der Immunität nur 35 von 100 Kollegen. Damals war das Anlaß für den scheidenden Präsidenten Valdis Zatlers, die Parlamentsauflosung anzuregen. Also doch eine Abberufbarkeit einfuhren Aus demokratietheoretischer Sicht scheint als Scherbengericht die jeweils nächste Wahl doch die bessere Alternative zu sein. Das lettische Parlament kommt so auch zu dem Schluß, daß für eine solche Maßnahme eine Verfassungsänderung nötig sei, deren Realisierung aber eher schwierig sein könnte. Darüber hinaus geben die Abgeordneten zu bedenken, daß alle Amtspersonen einen Amtseid ablegen und man deshalb vielleicht besser generell über Amtsenthebungsverfahren nachdenken sollte.

Umstrittene Fahrkartenpreise in Riga

Wahrend in der estnischen Hauptstadt nun im zweiten Jahr der öffentliche Nahverkehr für die Einwohner der Stadt gratis ist, hat sich der Rigaer Burgermeister Nil Usakow mit seiner Stadtverwaltung im vergangenen Jahr ausgedacht, daß man sich ähnlich wie in Estland als Einwohner von Riga registrieren läßt und beim öffentlichen Nahverkehr damit andere Konditionen bekommt – billiger fährt als Auswärtige, die künftig den doppelten Preis bezahlen sollten.

Vor den Kundenzentren von Rīgas Satiksme bildeten sich lange Schlangen – im Dezember ließ sich auch der Autor dieser Zeilen vorsichtshalber registrieren – um die nunmehr mit Photo ausgestatte neue Karte zu erhalten, die dann im Gegenteil zu alten Mehrfahrtenkarten mit bis zu 50 Fahrten natürlich nicht mehr Übertragbar ist. Schon 2013 regte sich Widerstand unter den zahlreichen Pendlern, die im Rigaer Landkreis in der Umgebung leben.

Der Schritt der Stadtverwaltung war insofern auch überraschend, als zahlreiche Stadtbuslinien bis in diese Nachbargemeinden fahren – Babīte, Baloži und Mārupe, um nur einige Beispiele zu nennen.

Auch technisch war die Idee fragwürdig. Neben personalisierten Zeitfahrkarten für bestimmte Linien oder das gesamte Netz gibt es gelbe Einweg-Mehrfahrtenkarten aus Karton, die bis zu 20 Fahrten laden können und feste, wiederaufladbare Karten aus Plastik in blau, auf denen bis zu 50 Fahrten gespeichert werden können. (Zur naheren Erklärung, das Fahrkartensystem funktioniert in Riga elektronisch. Die Karte wird an ein Lesegerät gehalten, welches eine Fahrt abbucht und die verbliebene Anzahl im Display anzeigt.) Die Frage wäre also gewesen, wie etwa ein als Rigenser registrierter Passagier und ein Auswärtiger künftig ihre Fahrkarten an den in der Stadt aufgestellten Automaten aufladen kann. Eine Information darüber, daß der Automat zwischen der Karte eines registrierten Einwohners und einer üblichen Mehrfahrtenkarte unterscheiden kann, wurde nicht verbreitet.

Das Ministerium für Regionalentwicklung unter dem gerade erst ins Amt gekommen neuen Minister Einārs Cilinskis von der nationalkonservativen Partei „Alles für Lettland! – TB/LNNK“ hat nun im Januar aus juristischen Erwägungen die Notbremse gezogen. Die Verteuerung der Fahrkarten für Auswärtige ist bis Jahresende aufgehoben. Man argumentiert, daß es sich erstens um eine Diskriminierung handele und zweitens Riga als Hauptstadt besondere Aufgaben habe. Gegebenenfalls müßte eben der Rigaer Nahverkehr aus staatlichen Mitteln mehr unterstutzt werden, auch wenn das dem Finanzminister sicher nicht gefallen werde.

Aufenthaltsgenehmigung für Immobilienbesitz

Sogar das deutsche Fernsehen berichtete über die Idee Lettlands, Investitionen aus dem nicht EU-Ausland mit dem Versprechen von Aufenthaltsgenehmigungen für den Schengen-Raum zu ködern. Das ZDF-“auslandsjournal” zeigte am 3. Juli 2013 wie reiche Chinesen und Russen in Lettland Immobilen erwerben und sich anschließend von Riga aus in der EU frei bewegen können. Das lettische Parlament hat nun eine neue Gesetzesvorlage eingebracht und diese mit dem Status der Eiligkeit versehen, mit der Änderungen dieser Regelungen für den Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung vorgenommen werden. Die Novelle sieht ab sofort Quoten für eine Aufenthaltsgenehmigung aufgrund von Immobilienerwerb vor, was den größten Teil der Investitionen ausmacht. Folglich können im kommenden Jahr noch 700 Personen auf eine solche hoffen, 525 Antragsteller im Jahre 2015 und anschließend nurmehr 350 jährlich. Erforderlich für den Erwerb des begehrten Papiers ist der Besitz von funktional miteinander verbundenen Immobilien im Wert von mindestens 150.000 Euro. Darüber hinaus müssen weitere 25.000 Euro in einen „Fond zur ökonomischen Entwicklung” eingezahlt werden, welcher noch gegründet werden soll. Die neuen Voraussetzung stellen eine qualitative Veränderung gegenüber den bisherigen Forderungen dar. Bislang wurden Investitionen von 100.000 Euro in Städten und 50.000 Euro außerhalb der Städte verlangt, das heißt, bislang genügte zur Erlangungen der Aufenthaltsgenehmigung auch der Besitz mehrerer separater Immobilien, deren Wert insgesamt die erforderliche Summe erreichte. Die lettische Politik reagiert mit dieser Novelle natürlich auf eine Diskussion über die bisherige Praxis im Inland, doch auch die Aufmerksamkeit des westeuropäischen Ausland dürfte den Letten wenig gefallen haben. Offiziell werden die Veränderungen mit einem negativen Einfluß auf den Immobilienmarkt begründet. Erst an zweiter Stelle werden die Probleme angeführt, daß Personen aus dem außereuropäischen Ausland auf diese Weise an eine Aufenthaltsgenehmigung für den Schengen-Raum gelangen. Der negative Einfluß auf den Immobilienmarkt ist ein zumindest überraschendes Argument. Zwar steht es außer Frage, daß zahlungskräftigere Kunden als potentielle einheimische Klienten tendenziell die Preise in die Höhe treiben. Auf der anderen Seite dürften viele Objekte auf dem lokalen Markt aber auch wegen ihrer Preislage unverkäuflich sein. Und die Regelung mit der Aufenthaltsgenehmigung wurde schließlich 2010 gerade deshalb eingeführt, um den Immobilienmarkt zu beleben, der nach der Finanzkrise und dem Platzen der Immobilienblase zeitweilig zum Erliegen gekommen war. 2010 sah die neu geschaffene Gesetzeslage im Detail vor, um ein Recht auf ein befristetes Aufenthaltsrecht in Lettland auf fünf Jahre zu bekommen, umgerechnet 142.288 Euro in eine oder mehrere Immobilien in Riga, im Kreis Riga oder in den größten Städten der Republik Daugavpils, Jelgava, Jēkabpils, Jūrmala, Liepāja, Rēzekne, Valmiera oder Ventspils investiert werden mußten. Außerdem der Städte betrug der Mindestpreis umgerechnet 71.144 Euro. Um die Aufenthaltserlaubnis beim Amt für Staatsbürgerschaft und Migration der Republik Lettland zu erhalten, mußte der Ausländer den Kaufvertrag und ein die Zahlung belegendes Dokument vorweisen. Dabei wurde der Katasterwert nicht berücksichtig, sondern ausschließlich der vertraglich vereinbarten Kaufbetrag, was Manipulationen Tür und Tor öffnete, denn Verkäufer und Käufer konnten sich vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung auf einen über dem Marktwert des Objektes liegenden und im Vertrag ausgewiesenen Betrag einigen. Inbegriffen in die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis waren außerdem Familienmitglieder, Ehegatten und minderjährige Kinder. Das Interesse, in Lettland zu investieren und im Austausch eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, war besonders bei Personen aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) groß, da auch schon ohne den gesetzlichen Anreiz das Interesse an Immobilien in Rīga und dem Rigaer Badeort Jūrmala nicht neu ist. Wenn das deutsche Fernsehen erst in diesem Jahr darüber berichtete, so gab es bei der BBC bereits im Januar 2011 einen Beitrag, der ebenfalls auf den Wunsch Lettlands hinweist, mehr Kapital ins Land zu locken. Damals protestierten die Nationalisten der Partei „Alles für Lettland!“ vor dem Parlament dagegen. Im Herbst des gleichen Jahres wurden sie bei der vorgezogenen Parlamentswahl in die Abgeordnetenkammer gewählt und auch gleich an der Regierung beteiligt, in welcher sie mit Jānis Bordāns auch den Justizminister stellt. Jetzt konnten sie ihre politischen Forderungen durchsetzen.

2. Februar 2014

Die Bilderbuch-Oma

Margarita Stāraste im Interview
des lettischen Fernsehens LTV
Für nahezu alle lettischen Kinder der vergangenen Jahrzehnte ist "Zīļuks" eine bekannte und vielfach präsente Figur: als Kinderbuch-Figur, im Fernsehen, als Puppentheater, als Trickfilm. Das kleine Eichelmännchen ist eine der Symbolfiguren der lettischen Kinderbuchtradition. Kinderbuchautorin Margarita Stāraste wird heute sagenhafte 100 Jahre alt. Am 2.Februar 1914 als Margarita Barvika in Vladimir (Russland) als Tochter lettischer Eltern geboren, studierte sie 1933 bis 1941 an der lettischen Kunstakademie in Riga, unter anderem beim lettischen Altmeister Vilhelms Purvītis. Der Vater Jānis Barviks war Agronom, soll aber selbst Interesse am Zeichnen gehabt haben und so konnte auch das Talent seiner Tochter sich entwickeln. 1952 konnte Margarita an der Grafik-Abteilung der Lettischen Kundakademie ihren Abschluß machen, aber bereits seit 1937 nahm sie an Ausstellungen teil. Seit 1942 fing Margarita an Kinderbücher zu illustrieren, bis heute hat sie 20 selbst geschrieben und 40 mit illustriert. 1964 wurde Stāraste Mitglied der lettischen Künstlervereinigung, seit 1991 auch der Schriftstellerverbands.

„Saulīte”, „Pelēkais namiņš”, „Pasakaini sniegi snieg”, „Rūķu dēlēns Knīpucis ”, „Pasaka par miedziņu”, „Zili brīnumi zaļā dārzā”, „Saulīte”, „Laimes sēkliņa”, „Lācīša Rūcīša raibā diena”, „Kas notiek Dižmežā” - von den vielen eigenen Kinderbuchtiteln ist "Zīļuks", geschrieben 1961, einer der populärsten. In ihren Büchern leben die Bäume und hören zu, es gibt lebende Möhren und Kohlköpfe, unterhalten sich Bären, Hasen und andere Waldtiere; aber die Märchenhelfen weinen und streiten auch, oder vertragen sich wieder - ganz so wie es jedem Menschenkind passieren kann. 
International vielfach übersetzt, schaffte es eine Filmfassung auch schon zur "Berlinale" - auch Regisseurin Dace Rīdūze ließ sich gerne mit der Aussage zitieren, sie lese auch ihren eigenen Kindern noch gerne die Geschichten von Margarita Stāraste vor.

1941 bis 1969 war Margarita Stāraste mit dem Holzbildhauer Kārlis Stārasts verheiratet - obwohl sie mit ihm nur bis 1950 zusammenlebte; aus dieser Ehe entstammt Tochter Lilita. 1993 heirate sie ihren Jugendfreund Gerrit Bordevik, einen Niederländer den sie schon 1937 kennengelernt hatte und lebte bis bis zum Tod ihres Mannes im Jahr 2000 in den Niederlanden. In vielen Familien in Lettland wächst nun bereits die fünfte Generation der Stārastes-Fans heran. "Ich schreibe doch vor allem für lettische Kinder!" sagte die Autorin kürzlich, befragt nach den Gründen warum sie nach Lettland zurückkehrte. Manchen mögen ihre Zeichnungen recht einfach und schlicht vorkommen, aber vielen sind sie eben aus der Kindheit bekannt und entsprechend beliebt. Viele der Bücher werden immer noch in neuen Ausgaben herausgegeben, und die Zeiten sind modern genug, um sich die Geschichten der "lettischen Märchenoma" inzwischen auch schon im Internet vorlesen lassen zu können (zum Beispiel hier).