23. November 2010

Silbertopfhüter will Tigertrainer werden

Einen Nachklang zum 25.Jahr der Bremischen Städtefreundschaft mit Riga wurde am 17.November in Berlin geboten. Die Räumlichkeiten der Bremischen Vertretung in Berlin waren gerade gut genug, um dem frisch ernannten lettischen Honorarkonsul Lutz H. Peper vor mehr als 300 Gästen am Vorabend des lettischen Nationalfeiertags ein Forum für eine Art "Antrittsrede" zu bieten.
In Bremen selbst hatte die Senatspressestelle bisher lediglich den Termin der Übergabe der Ernennungsurkunde bekannt gegeben (13.11., 16.40-16.50 Uhr) - weder die Presse noch die im Rahmen der Städtepartnerschaft aktiven Initiativen wissen also bisher sehr viel über den neu honorierten Ehrendiplomaten - bei den verschiedenen Lettland-bezogenen Veranstaltungen in Bremen sah man Peper bisher eher selten (wenn man die rein Unternehmer-internen Veranstaltungen mal ausnimmt).
Der gelernte Industriekaufmann Peper, der zunächst im Holzhandel, dann beruflich bei SIEMENS und bei der WILLENBROCK Fördertechnik aktiv war (bei letztgenanntem Unternehmen hält er jetzt die Mehrheitsanteile), 2007-2010 Präses der Bremer Handelskammer und ehemals auch schon mal Aufsichtsratsvorsitzender der Bremer Sparkasse war, überraschte sein Berliner Publikum mit einigen ungewöhnlichen Thesen. Sollten einige Lettland-Freunde in Bremen noch darauf gehofft haben, die Reste des Rigaer Silberschatzes, die noch in Bremen lagern, endlich einmal wenigstens als Dauerleihgabe nach Riga zurückzugeben zu können (sie könnten ja dabei in Privateigentum verbleiben) - diese Träume moderner Zeiten enden wohl mit Pepers Amtsantritt. Staunend konnte man hier vernehmen, dass nicht Kreuzfahrer und Missionare lange Zeit eher gewaltsam als "deutsche Oberschicht" sich in einer rechtlichen Sonderrolle in Lettland gefielen (und die Lettinnen und Letten jahrhundertelang ihr eigenes Kulturgut nur durch mündliche Weitergabe von Generation zu Generation erhalten konnten) - nun sollen sogar deutschbaltische Standeseinrichtungen wie die "Compagnie der Schwarzen Häupter" nun als "gemeinsame Gründungen" (deutsch-lettisch??) interpretiert werden. Es nezinu, vai tas Latviešiem ir saprotams. In 25 Jahren wurde in der Stadt Bremen selbst übrigens noch nie eine Veranstaltung aus Anlaß des lettischen Nationalfeiertags angeboten. Der Laie steht und staunt, sagt man wohl. Aber sehen und lesen Sie selbst:
"Sehr geehrter Herr Botschafter, Excellenzen, meine Damen und Herren. Ich freue mich sehr, heute abend hier stehen zu dürfen und mit Ihnen gemeinsam den 25jährigen Jahrestag der Bremisch-Lettisch-Rigischen Städtefreundschaft zu feiern, am Tage des lettischen Nationalfeiertags. Das ist eine große Ehre, und die Resonanz heute zeigt dass dies auf Ihrer Seite auch so gesehen wird. Die Geschichte Bremens und die Rigas hat eine lange Tradition, die gemeinsame Gründung im Jahre 1201 führt dazu dass die Parallelen über die Hanse bis in die heutige Zeit hineingetragen wurden und die Städtepartnerschaft seit 25 Jahren hat das aufs Neue wiederbelebt. Die Tatsache, dass diese Feierlichkeiten zum 25.jährigen Jubiläum so intensiv und so menschlich warm waren zeigt, dass diese Städtepartnerschaft nicht nur auf dem Papier besteht, sondern dass sie tatsächlich von den Menschen auf beiden Seiten gelebt wird, und ich glaube, das ist das Beste, was man über eine Städtepartnerschaft sagen kann. In der Politik kann vieles von oben aufoktroyiert werden, aber diese Geschichte lebt aus sich selbst heraus und zum Teil und zum Teil auch aus der Geschichte. Ich freue mich, dass ich als Mitglied der Companie der Schwarzen Häupter eine ganz besonders intensive Beziehung zu Riga habe. Die Companie ist ja 1201 mit gegründet worden und somit die älteste Bruderschaft der Welt, eine Eigenschaft, die nur ganz wenige Städte gemeinsam nur aufweisen können, und zeigt erneut - da sie dann ja auch diese Companie lebt - wie intensiv diese Beziehungen sind. Ich persönlich darf Ihnen sagen, dass ich die von Herrn Botschafter Klava angesprochene wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren als Unternehmer in Riga ebenfalls miterlebt habe. Ich weiß, welche heftigen Einschläge es gegeben hat, und in sofern freue ich mich, wenn ich in meiner neuen Aufgabe ein wenig dazu beitragen kann, den baltischen Tiger wieder fit zu trainieren. In diesem Sinne darf ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen einen schönen Abend."

Übrigens: Für Rückfragen ist der neue lettische Honorarkonsul montags, mittwochs und freitags morgens zwischen 10 und 12 Uhr in der Senator-Bömers-Straße 1 in Bremen ansprechbar.

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