23. August 2007

Jahrestag des Schreckens und der Ermutigung: der 23.August

Der 23.August war in den vergangenen 20 Jahren in Lettland einer der politisch spannendsten Tage. Am 23.August 1987 wagte es zum ersten Mal eine größere Menschenmenge, offen an den Abschluß des sogenannten "Hitler-Stalin-Paktes" und vor allem des dort enthaltenen geheimen Zusatzprotokolls zu erinnern, in dem Stalins Sowjetunion und Hitlers Nazideutschland die Aufteilung von "Interessenzonen" vornahmen. Damals überließ Hitler die baltischen Staaten vorerst einer Okkupation durch die Rote Armee, und so war der auch für Lettland verhängnisvolle Verlauf der Ereignisse eingeleitet.

Ungefähr 10.000 Menschen versammelten sich an diesem Tage vor 20 Jahren, 200 wurden festgenommen und arrestiert (Foto oben:
Ojārs Lūsis, NRA). Aber darauf waren die damaligen Organisatoren, die Gruppe "Helsinki 86", vorberereitet, das Risiko war man bereit auf sich zu nehmen. Sie hatten die Bevölkerung eingeladen, friedlich am Freiheitsdenkmal Blumen niederzulegen. "Das war für mich damals, als Student, das erste Mal dass ich an so einer politischen Demonstration teilnahm," erklärt der heutige Aussenminister Artis Pabriks in einem Interview mit der "Latvijas Avize".
In einem Beitrag für die "Neatkarīgā Rīta Avīze" erklärt "Helsinki-86"-Teilnehmer Jānis Vēveris: "Nach den Ereignissen vom 14.Juni 1987, als wir schon an die lettischen Opfer der Massendeportationen nach Sibirien hatten erinnern wollen, wollten wir diesmal sehr vorsichtig vorgehen. Zunächst dachte ich, ich könnte mal eben schnell hingehen, Blumen hinlegen und wieder weggehen. Aber das erwies sich bald als unangebracht, denn wir wollten ja auch die anderen Teilnehmer schützen. Rund herum standen die Wagen der Miliz, die sich wohl darauf eingerichtet hatten, die ganze Aktion zu verhindern. Aber ich ging einfach an ihnen vorbei."


Schon bald war damals die lettische Unabhängigkeitsbewegung nicht mehr aufzuhalten gewesen. Nur zwei Jahre später, am 23.August 1989, wurde dann der "Baltische Weg" organisiert, eine Menschenkette von Vilnius über Riga nach Tallinn. Die Erinnerung an die schmerzlichen Fakten für eine bis 1940 unabhängige Republik Lettland war zur Volksbewegung geworden. Die Letten konnten Gorbatschow zurufen - der ja das marode Sowjetsystem irgendwie auch reformieren wollte: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."

1 Kommentar:

Jens-Olaf hat gesagt…

1987, in diesem Monat, das ist fast die Stunde Null, wenn es um deutschsprachige Berichterstattung aus dem Baltikum geht. Im SPIEGEL zum Beipiel wurde vorher fast Nichts darueber berichtet. Aber es konnte noch Monate dauern bis der naechste Report erschien.